Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS) stellt Stufenplan zum ärztlich assistierten Suizid auf

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Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS) stellt Stufenplan zum ärztlich assistierten Suizid auf

 

Berlin, 27.02.2024. Bereits 2020 hat das Bundesverfassungsgericht das Verbot einer geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung als verfassungswidrig eingestuft und betont, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch ein Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfasst. Dennoch ist derzeit ein ärztlich assistierter Suizid in Deutschland gesetzlich nicht geregelt, auch geeignete Medikamente sind nicht zugelassen. Neue Gesetzentwürfe, die dies regeln könnten, sind im Bundestag zuletzt gescheitert. In dieser festgefahrenen Situation hat der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS) einen Stufenplan als Kompromissvorschlag für das neue Gesetz erarbeitet.

Der Vorschlag für das Gesetz beinhaltet eine zweijährige Übergangsphase, in der ein ärztlich assistierter Suizid bei Palliativpatienten und schwerstkörperlich kranken Patienten ermöglicht wird. Anhand der gesammelten Erfahrungen könnten nach zwei Jahren diese neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen evaluiert werden, um das Gesetz auf weitere Patientengruppen, wie zum Beispiel chronisch psychisch kranke Patienten auszuweiten. Wichtig in dem Gesetz sei dabei laut DGS der standesrechtliche und strafrechtliche Schutz für die unterstützenden Ärztinnen und Ärzte. Auch eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes wäre dann notwendig. Nachzulesen ist das vollständige Positionspapier des Vorstandes der DGS in der Februar-Ausgabe der Zeitschrift „Schmerzmedizin“ (Springer Medizin Verlag).

A

Patienten mit einer unheilbar zeitlich begrenzten Erkrankung

B

körperlich chronisch kranke Patienten

C

psychisch chronisch kranke Patienten

D

akut körperlich und akut psychisch kranke Patienten

E

gesunde Menschen

Nach dem Stufenplanmodell der DGS kommen in der Übergangsphase Patienten der Gruppen A und B für einen ärztlich assistierten Suizid in Frage.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht umfasst das Recht auf ein selbstbestimmtes Leben und Sterben. Bislang haben sterbewillige, schwerstkranke Menschen dabei nur die Möglichkeit, Unterstützung durch eine nicht-ärztliche Suizid-Begleitung zu erhalten, wie sie Sterbehilfsorganisationen anbieten. Bei einem ärztlich assistierten Suizid würde der Arzt dem Patienten ein tödlich wirksames Medikament verschreiben. Der Patient führt den Suizid selbst durch, er entscheidet selbstbestimmt und frei verantwortlich.

 

Ärztlich assistierter Suizid immer als letzter Ausweg
„Tatsächlich aber hat sich seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Deutschland kaum etwas verändert“, erklärt Norbert Schürmann, Vizepräsident der DGS. „Es muss gewährleistet sein, dass der unterstützende Arzt standesrechtlich und strafrechtlich geschützt ist. Es ist wichtig, dass die Patienten ihre Autonomie erhalten. Der ärztlich assistierte Suizid ist die Ultima Ratio, wenn trotz aller medizinischen Expertise und Palliation der Patient weiterhin erheblich leidet“, resümiert Schürmann.

Eine kürzlich veröffentlichte Untersuchung zur Rolle von Sterbehilfsorganisationen hatte einige Missstände aufgedeckt. 1 Beratung bzw. Begutachtung, Assistenz und Leichenschau lagen in fast der Hälfte der untersuchten Fälle in der Hand eines einzigen Arztes. Suizidenten mit psychiatrischen Vorerkrankungen und gesetzlicher Betreuung waren in den meisten Fällen nicht von Fachärzten für Psychiatrie begutachtet worden. Laut der Studie bestehen Defizite beim Umfang und der Differenziertheit der Aufklärung, insbesondere zu therapeutischen Alternativen. Für die Begutachtung der Freiverantwortlichkeit war in der Studie die fachliche Kompetenz nur unzureichend vorhanden.1 

 

82 Prozent der befragten Ärztinnen und Ärzte befürworten ärztlich assistierten Suizid
Um die Einstellung von Ärztinnen und Ärzten zu diesem Thema zu erheben, hat die DGS kürzlich eine Umfrage initiiert. Inzwischen liegen knapp 800 Antworten vor. Davon befürworten rund 82 Prozent eine ärztliche Unterstützung beim Suizid, insbesondere nach einer erfolglosen Palliativbehandlung. Eine Suizidassistenz bei akuten Erkrankungen fand dagegen kaum Zustimmung. Fast die Hälfte der Teilnehmer würde in Ausnahmefällen allerdings den Suizid psychiatrisch Erkrankter unterstützen.

Weiterführende Informationen zur Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS) www.dgschmerzmedizin.de

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Die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS) ist mit rund 4.000 Mitgliedern und 120 Schmerzzentren die führende Fachgesellschaft zur Versorgung von Menschen mit chronischen Schmerzen. In enger Zusammenarbeit mit der Deutschen Schmerzliga e. V. ist es ihr vorrangiges Ziel, die Lebensqualität dieser Menschen zu verbessern – durch eine bessere Diagnostik und eine am Lebensalltag des Patienten orientierte Therapie. Dafür arbeiten die Mitglieder der DGS tagtäglich in ärztlichen Praxen, Kliniken, Schmerzzentren, Apotheken, physiotherapeutischen und psychotherapeutischen Einrichtungen interdisziplinär zusammen. Der von der DGS gestaltete jährlich stattfindende Deutsche Schmerz- und Palliativtag zählt seit 1989 auch international zu den wichtigen Fachveranstaltungen und Dialogforen. Aktuell versorgen etwa 1.321 ambulant tätige Schmerzmediziner die zunehmende Zahl an Patienten. Für eine flächendeckende Versorgung der rund 3,9 Millionen schwerstgradig Schmerzkranken wären mindestens 10.000 ausgebildete Schmerzmediziner nötig. Um eine bessere Versorgung von Menschen mit chronischen Schmerzen zu erreichen, fordert die DGS ganzheitliche und bedürfnisorientierte Strukturen – ambulant wie stationär – sowie eine grundlegende Neuorientierung der Bedarfsplanung.

 

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